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Biskaya-Törn von Cherbourg nach Lissabon

Fort National, Saint Malo

Es geht nach Westen.
Es ist nach Corona wieder einfacher geworden, die Kanalinseln anzulaufen. Der ausgefüllte grüne DIN A4 Zettel in den gelben Briefkasten, wie in der guten alten Zeit, reicht in St. Peter Port/Guernsey wieder für die „Einklarierung“. Immer eine Reise wert. Das Alderney Race zeigt sich milde; motorsegelnd erreichen wir das navigatorisch anspruchsvolle Bailiwick Guernsey. Von hier geht es weiter nach St. Malo. Man fragt sich jedesmal, wie die Altforderen, Surcouf und andere Seehelden, in diesem Revier eigentlich klargekommen sind … Schiffe aus Holz, Männer aus Eisen eben …

Der erste kräftigere Wind aus West lässt den Herbst ahnen. Wir nutzen die Fenster an der nordbretonischen Küste; ein schöner Schlag nach Roscoff, der Zwiebelstadt, und von dort nonstop durch den berüchtigten „Chenal du Four“, diesmal ganz harmlos, nach Camaret-sur-Mer. Sehr nette kleine Marina mit rustikalen Sanitäranlagen und Gassen wie aus dem bretonischen Bilderbuch.
Von hier ist es noch eine kurze Kreuz in den Goulet de Brest, allerdings mit Tide gegenan, aber milde, wie die gesamte Reise.

Brest. Hier waren wir schon oft, das Tor in den Süden. Wenn da nicht noch die Biskaya wäre …
Biskaya … der Name flösst Respekt ein!
Tatsächlich habe ich hier schon alles erlebt; in vielen Passagen in beide Richtungen … Nordwest Starkwind bis Sturm auf dem Weg nach Süden … Stürmischen Nordost auf dem Weg nach Brest nonstop von den kanarischen Inseln … schnelle Reisen bei frischem Ost; und mehr als einmal 360sm bei völliger Flaute motoren!
Gerade erzählte mir ein extrem erfahrener Kollege und Topseemann, er freue sich jedes Mal, wenn er in der Biskaya motort. Und ich weiß, dass er sehr ungern motort!
Das Problem auf offenen Gewässern wie dem Atlantik bei wenig Wind wird oft unterschätzt: die Dünung. Sie schüttelt die schwache Anströmung aus den Segeln, lässt sie zusammenfallen und schlagartig aufblähen; vor allem Leichtwindspinnaker platzen oder reissen hier gern, hängen sich an Bugkorb oder Anker auf, produzieren nervenzerfetzenden Lärm. Durchgelattete Grosssegel sind, wenn auch ansonsten großartig, in der Flaute bei Dünung ein Folterinstrument, da man selbst durch Reffen das Profil nicht flach bekommt und die Latten mit heftigem Klatschen das Segel von einer Seite zur anderen fliegen lassen.

Nach schönem Beginn aus dem Goulet de Brest nach Camaret und der Passage der Raz de Seine gibt es Südost und der verhindert ein weiteres Erkunden der französischen Küste. Dann schläft er ein und wir tun, was getan werden muss: Motoren bei 2m Dünung von querab. Kein Wind. Zum Glück bringt der Fahrtwind den scheinbaren Wind so weit vorlich, dass das Grosssegel steht, so hält sich das Rollen unseres klassischen S-Spanters in erträglichen Grenzen.
Delfine ohne Ende. Kaum zu glauben, dass an manchen Plätzen der Welt mit Delfinwatching Geld verdient wird. Hier sind sie allgegenwärtig, ein grosser, nicht zu identifizierender Wal ist in geringer Entfernung träge unterwegs; wie meistens interessiert er sich nicht für uns. Orcas, in letzter Zeit nicht mehr unsere Freunde, bekommen wir nicht zu sehen. Gut!

Gijon in Asturien wird unser erstes Ziel. Die nordspanische Küste ist das Stiefkind der nordeuropäischen Segler, ganz zu Unrecht! Schöne Städte, ordentliche Marinas und spanisches Lebensgefühl gibt es reichlich. Nur das Wetter hat uns am „Kanthaken“. Ein Tief hat sich im Westen zur Ruhe begeben, es produziert zwar keinen Wind für uns, aber Gewitter mit nie gesehenem Hagel; es reicht für einen „blaugehagelten“ Fingernagel, da ich gerade am Ruder bin. Man muss unter die Sprayhood flüchten, zum Glück tragen wir keine Schäden davon!
Die Landschaft ist spektakulär, der Wind nicht, aber unsere zuverlässige Maschine bringt uns am Ende nach A Coruña, eine tolle, unbedingt lohnenswerte Stadt und Ziel der zweiten Etappe unserer Reise nach Lissabon.
Ein kräftiger Südwest hält uns einen Tag länger in A Coruña fest; nicht schlimm, wir nutzen die Zeit für weitere Vorbereitungen. Dann kann es losgehen, der Wind hat auf Nordwest gedreht, wir können Finisterre knapp anliegen. Das Wetter zeigt sich weiter wankelmütig, wieder sagt der Wetterbericht kräftigen Süd voraus, natürlich nach vorheriger Flaute … wir entscheiden, trotz des schwächelnden Windes, nach Baiona weiterzulaufen, irgendwann muss die Maschine mithelfen. Die freut sich, da endlich mal mehr als kurzzeitige Hafenaktionen zu tun ist und sie mal richtig ins Schwitzen kommt!

Baiona, eine sehr angenehme kleine Hafenstadt mit ihrem noblen königlichen Yachtclub richtet gerade die „J 80 Worlds“ aus, viel Betrieb in der Marina und auf dem Wasser in der Bucht von Vigo. Der angekündigte Südwind kommt; statt in Baiona zu bleiben, machen wir einen Schlag in die Ria de Vigo; der Nachmittag bleibt für’s Duschen und Sightseeing.
Das Tief zieht weiter, am nächsten Morgen arbeiten wir uns bei Rückseitenwetter wieder raus, kräftige Schauerböen wie aus dem Lehrbuch, dann immer dünner werdende Cumuli; wir segeln in den Süden. Im nördlichen Nordatlantik wehts gewaltig, 4m Dünung aus NW und immer löchriger werdender Wind ruft wieder die Maschine auf den Plan. Viele Delfine, keine Orcas auf dem Weg über Peniche nach Cascais. Dieses Glück haben nicht alle Boote in der Gegend, nur 20sm entfernt zerdengeln die lustigen Gesellen einer kleineren Yacht das Ruder…

Cascais, am Westausgang des Rio Tejo, ist sehenswert, viel Nachtleben, gutes Essen und sehr gute Marina. Wir ahnen noch nicht, das ein Teil der Crew Dantés aus Lissabon wieder hier her segeln wird, da seit neuestem die Yachthäfen in Lissabon, wo wir eigentlich unsere Reise beendet hätten, keine längeren Liegezeiten von Yachten ohne Crew zulassen.
So wird die nächste Reise an die Algarve in Cascais beginnen, als Segler muss man halt flexibel sein!

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