Es gibt sicherlich unangenehmere Winterlagerstandorte als Lagos an der portugiesischen Algarveküste.
Und auch unangenehmere Plätze, um im April die neue Segelsaison zu beginnen. Kein Schwerwettertraining diesmal; es geht auf der klassischen Rahseglerroute zurück nach Nordeuropa.
Nicht gegen den zu dieser Jahreszeit oft schon stabilen portugiesischen „Norder“, sondern zuerst zu den Azoren. Das ist auch kein Garant für einen Schönwettertörn, aber mit ein bisschen Glück sollten die Windbedingungen günstiger sein.
Und so sind sie auch, ein strammer „Sechser“ aus Nord weht uns vor dem Wind und schnell zunehmendem Seegang nach Süden. Wir bleiben vor dem Wind, lassen Madeira im Süden liegen und nutzen das etwas nach NE gerutschte Azorenhoch maximal für eine schnelle Reise nonstop nach Punta Delgada/ Sao Miguel. Bei schlechter Sicht und kräftigem Ost, der die Marina kräftig durchrüttelt laufen wir in den größten Hafen der Azoren ein.
Wir finden ein ruhiges Plätzchen in der kleineren Marina, die eigentlich den Einheimischen vorbehalten ist und lassen es uns nach dem obligatorischen Einklarieren gutgehen.
Wir haben nun noch Zeit für einen Abstecher auf die Nordseite der Insel und eine Fahrt zu den Naturschönheiten, bevor die glückliche Crew zurückfliegt in den noch nicht so frühlingshaften Norden.
Das die Azoren die lange Anreise wert sind, zeigt sich auf unserem 2-wöchigen Rundtörn durch die Inselgruppe.
Nette Menschen, gutes Essen, ordentliche Häfen und eine tolle Natur zeigen, dass die Inseln viel mehr zu bieten haben als nur einen Zwischenstopp auf einer Atlantiküberquerung. Man befindet sich buchstäblich zwischen den Kontinenten, die Uhren gehen langsamer und die Bewohner sind immer freundlich und nicht aus der Ruhe zu bringen. Das Wetter muss man im Auge behalten; schließlich befindet man sich mitten im Atlantik. Das sprichwörtliche Azorenhoch ist nicht immer zuverlässig …
Von Punta Delgada beginnen wir den „long way home“ gen Nordosten, der zweite lange Seeschlag dieser Saison mit Ziel Brest, dort soll Dantés ein paar Wochen liegen bleiben.
Aber Planung ist das Ersetzen des Zufalls durch den Irrtum …
Ein kräftiger Südwest, der zeitweise stürmisch weht, schiebt uns zügig der Biscaya entgegen; der zeitweise „energische“ Seegang beruhigt sich irgendwann und die Crew hat sich an das Leben auf See im Wachrhythmus gewöhnt. Das ruhige Wetter scheint anzuhalten, aber dann bringen die per Iridium eingeholten Wetterdaten eine Neuerung: ein Sturmtief ist vom Atlantik auf dem Weg zur Biscaya. Angekündigt werden bis zu 45 Knoten Wind und 7m Seegang aus Nordwest. Das sind nicht die Bedingungen, in die man beim Überfahren des Festlandssockels hineinläuft, wenn man es vermeiden kann!
Das ca. 200 sm im Osten liegende La Coruna wird das neue Ziel dieser Reise. Segler sollten flexibel sein, sonst kann der Spass an der Sache gründlich vergehen.
Die Crew hat kein Problem mit der Planänderung, die Betrachtung der Wetterkarte lässt alle froh sein, dass wir die Situation rechtzeitig erkannt haben.
Außerdem gibt es wirklich Schlimmeres, als die Altstadt der galizischen Hafenstadt am Abend!
Die Nonstop Reise von La Coruna nach Brest beginnt mit dem Versprechen einer stabilen Windrichtung, die uns auch auf späteren Reiseabschnitten noch häufiger begegnet: Nordost.
Das bedeutet in diesem Falle eine reine Kreuz über die Biscaya, allerdings mit angenehmen Windstärken und Temperaturen…
Tatsächlich wird es eine längere aber trockene schöne Reise mit viel Sonnenschein, abnehmender Dünung und Begegnungen mit mehreren Walfamilien.
Nur auf den letzten 80sm holt uns ein kräftiges Tief mit viel Wind, Regen und schlechter Sicht dann doch noch ein, beschleunigt aber unsere Ankunft in einem grauen, regnerischen und garniert sommerlichen Brest. Hier verlässt uns die Überführungscrew und wir steigen wieder ein in unser geplantes Törnprogramm.
Es sind ausschließlich alte Bekannte an Bord, als wir bei sommerlichen, leichten Westwinden mit der Tide aus dem Goulet de Brest herauskreuzen und zum Abend mit einer langsam einschlafenden Brise noch den Chenal du Four nach Norden durchsegeln, bevor uns der Wind völlig verlässt. Wir waren darauf vorbereitet und zögern nicht, die Maschine zu Hilfe zu nehmen, ins Wachsystem zu gehen und den westlichen englischen Kanal nach Falmouth zu überqueren.
Das Wetter bleibt ruhig, fast zu ruhig und wir setzen unseren Weg nach Norden durch die keltische und irische See fort. Howth, nördlich von Dublin wird unser nächster Stopp. Ein sehr gastfreundlicher Yachtclub, bestes Wetter und ein Ausflug in die irische Hauptstadt machen die eintägige Segelpause noch angenehmer. Wetter zeigt sich ab hier eher von der abwechslungsreichen Seite und so bleiben wir an der irischen Küste. Kleine Häfen, die nur bei Hochwasser zu erreichen sind und in denen das Clubgebäude nachts nicht abgeschlossen wird, sind eine schöne Abwechslung zu größeren Marinas. Man merkt, dass man hier auf dem Weg nach Nordirland und Schottland von den Sommertreks der Sportboote ein gutes Stück entfernt ist.
Von Bangor starten wir den Sprung über den „North Channel“ nach Schottland. Anfangs ruppig, dann immer ruhiger, geht es zum Firth of Clyde, wo wir in der Kip Marina in der kleinen Ortschaft Inverkip diesen Törnabschnitt beenden. Hier steht für den Skipper eine Woche Wartung und Pflege an, bevor es dann endgültig in nördliche Gefilde geht.
Eine Woche Regen und Starkwind. Pünktlich zum Törnbeginn bessert sich das Wetter, es wird ruhig, zu ruhig. Wir vermeiden die Passage um den Mull of Kintyre und wählen stattdessen die Passage durch den Crinan Kanal. Eine gute Wahl, schönes Sommerwetter und eine extrem malerische Passage.
Weiter geht’s nach Tobermory, es ist kühl und feucht; unangenehmer ist der Wetterbericht: Nordostwind soweit „das Auge reicht“.
Da wir praktisch bis zum Pentland Firth nur gegenan müssten, entscheiden wir uns für einen weiteren Kanal: den Caledonian Canal. Hier im Binnenland ist praktisch kein Wind, es geht einmal quer durch die schottischen Highlands. Auch diese Passage sollte man mindestens einmal im Seglerleben gemacht haben, danach klappt das Schleusen und man trifft eine Menge nette Menschen. Auch auf der Nordsee ist der Wind erstmal gegen uns; eine längere Kreuz nach Wick ist zum Glück nicht übermäßig hart. Wir warten das Wetter ab, der Wind bleiben Nord und will uns einfach nicht zu den Orkneys lassen.
Wir zeigen uns mal wieder flexibel und starten von Wick auf die Querung der nördlichen Nordsee. Wetter gibt auf und beschert uns endlich eine angenehme und zügige Passage in die norwegische Fjordlandschaft. Der Rest der Reise ist unaufregend und in Bergen, der statistisch nassesten Stadt Europas, setzt grandioses Sommerwetter ein…
So bleibt es auch für eine lange Zeit, nur Bruce Springsteen muss in Bergen im strömenden Regen spielen.
Unser Reiseverlauf ändert sich: aufgrund mehrerer kurzfristiger, krankheitsbedingter Absagen werden wir Oslo als Etappenziel auslassen und von Bergen aus direkt zum endgültigen Ziel in Flensburg segeln. Das Wetter bleibt uns hold: bei traumhaftem Sommerwetter geht es durch die norwegische Fjordlandschaft nach Süden.
Wir wählen statt des Skaggeraks eine interessante Alternative; der Limfjord wird unser Weg ins Kattegatt. Ein besserer Windwinkel und einige noch nicht besuchte Häfen sind der Grund für diese Entscheidung. Im Ostteil pustet es zeitweise mit um die 30 Knoten, die Navigation in den teils schmalen Rinnen ist anspruchsvoll.
Dann erreichen wir bei Hals zum ersten Mal seit ca. 2 Jahren wieder die Ostsee. Der Weg durch den kleinen Belt über Samsö nach Süden zeigt wieder einmal, warum die westliche Ostsee so ein beliebtes Segelrevier ist. Schön ist es hier!
Zu guter Letzt geht’s in die Flensburger Förde, durch die „Schwiegermutter“ am Holnishaken vorbei und nach ca. 400sm geht die Saison 2024 für Dantes in der Sonwik Marina zu Ende.