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Atlantic Anniversary Regatta – ein Rückblick

Am Morgen des 08.07. legen wir frühzeitig von unserem Liegeplatz im Royal Bermuda Yacht Club ab; wir haben ca. 15sm entlang der riffgespickten Nord- und Ostküste Bermudas zurück zulegen, bevor wir den Startbereich östlich des  St. George’s Channel erreichen. Ein Kreuzfahrer, der die „Narrows“ beansprucht, beschert uns eine halbstündige Startverschiebung.
Dann geht’s los, bevor wir endlich auf Strecke gehen können muss aber noch ein „Flexikurs“ gesegelt werden, damit Fotografen und Kameraleute noch zu ordentlichen Bildern kommen. Dann liegt der lang erwartete Kurs englischer Kanal an, ca. 2900sm auf der Grosskreisroute, dem kürzesten Weg auf dem Globus.
In der ersten Woche kommen wir sehr gut voran, die Crew spielt sich ein, gewöhnt sich an Schiff und den Wachrythmus. Wir erreichen teilweise Etmale von über 200sm, ein sehr guter Wert für einen 48 Fuss Klassiker! Im Westen zieht ein kräftiges Sturmtief durch, wir schrammen immer knapp an heftigen Gewitterfronten vorbei, einige Squalls mit Starkregen teils über mehrere Stunden und extremen Winddrehern erreichen uns aber doch und das plötzliche Auftauchen eines 360 Meter Containerriesen aus dem Regendunst erinnert uns daran, daß man auch auf dem Atlantik mit allem rechnen muss und ein aktives AIS eine sehr nützliche Sache ist. Der Riese ändert seinen Kurs rechtzeitig….
Unsere Reisegeschwindigkeit liegt natürlich weit unter der unserer „Konkurrenz“ wie Malizia, Varuna oder den Class 40. Wir können daher auch nicht wie die „Karbonhöhlen“ unsere Position zu Wettersystemen taktisch effektiv verändern. Wir müssen Kompromisse eingehen, auch was den Erfahrungsstand der Crew angeht. Damit landen wir dicht an einem Azorenhochkeil, der lt. unserer Gribwetterdaten recht zügig nach NE schwenken soll, und uns damit ersteinmal wenig Sorgen macht. Leider zeigt allerdings jedes Update, dass der Keil es sich gemütlicher macht als in der letzten Prognose, damit reduzieren sich unsere Etmale leider.
Wir können uns gut vorstellen, wie unsere Lieben, die unsere Position zuhause am Tracker verfolgen sich fragen, warum wir unseren Kurs nicht nach Norden ändern!
Leider ist das in der Praxis nicht möglich, da uns dann eine 1,5m NW Dünung genau auf die Seite läuft und die Segel unerträglich zum schlagen und das Schiff zum rollen bringt. Auch dieses Problem haben die flachen, leichten Flundern nicht.
Aber wir arbeiten uns weiter voran, und der Westausgang des englischen Kanals verspricht wieder kräftigen NW. 28kn, also knappe 7Bft sagen die Gribfiles voraus. Keinerlei Grund zur Unruhe, endlich geht’s wieder voran!
Dann trudeln plötzlich von den französischen und englischen Küstenfunkstellen „galewarnings“ Stärke 8 ein, „imminent“ unmittelbar bevorstehend. Die Meteorologen haben sich offensichtlich leicht verschätzt, denn unsere „True Wind“ Anzeige zeigt über längere Zeiträume mehr als 40kn, ich sehe selber kurzzeitig mehr als 50kn auf der Uhr. Die Welle steilt sich zügig auf 4-5m auf, vor allem, als die Tide gegen den Wind und damit uns kentert.
Dafür laufen wir im Surf teilweise über 13kn, nicht zu verachten für einen klassischen S-Spanter!
Ab und an steigt eine Welle ins Cockpit, die Wache ist natürlich sicherheitshalber eingepickt und die Situation bleibt ständig unter Kontrolle. Nach der anstrengenden Nacht wird das Wetter moderater, aber es bleibt fordernd und zum ersten Mal haben wir den Wind vorlicher als querab. Die Stimmung ist bestens, während die anderen Schiffe hier in der Flaute dümpelten, steamen wir mit Vollgas an den Headlands der südenglischen Küste vorbei.
Für die Ansteuerung der Dover Straits  werden wieder 8 Bft. angekündigt, wir bereiten uns vor, schlagen das Trysegel und die Stagfock am inneren Vorstag an und sind damit dann perfekt besegelt für den diesmal korrekt prognostizierten Wind.
Die Nordsee in unserem Seegebiet ist ein Industriepark und wir arbeiten uns diesmal unter Spinnaker durch das Gewirr von Verkehrstrennungsgebieten, Gas und Ölriggs, Fischern und Küstenverkehr. Unter Maximalbesegelung kommen wir weiter gut voran, wir bleiben westlich bzw. nördlich der VTGs, da für den küstennahen Bereich kein Wind angekündigt ist. Die Rechnung geht auf, bis uns an der deutschen Grenze zuerst die Flaute, dann ein kräftiger Frontdurchgang und dann wieder Flaute ordentlich beschäftigt. Wir kommen gerade zur auflaufenden Tide an der Elbmündung an und kreuzen vor dem Wind unter Genacker bei leichtem Wind und westlicher Dünung auf die vielbefahrene Zielgerade.
Am Ende wird es knapp, aber wir schaffen es mit dem letzten Hauch Wind und dem letzten halben Knoten Tide über die Ziellinie in Cuxhaven. Das Schlauchboot des NRV begleitet uns auf der letzten Meile, und an Land winken Freunde und Verwandte.
Was für eine Reise!
Am Ende haben wir über 3600 sm nonstop ausschließlich unter Segeln zurückgelegt. Eine Leistung, auf die die Crew zurecht stolz ist!