Eigentlich hatte der Sommer ja ganz ordentlich begonnen. Ruhiges Hochdruckwetter über Westeuropa für unseren Kompetenztörn.
Pünktlich zum Start unserer Reise an die südenglische Küste stellt sich dann eine stabile Südwestlage ein. Kann passieren. Allerdings waren die Windstärken und damit verbundenen Seegangsverhältnisse nicht das, was man sich für die deutsche Bucht wünscht. Und dann gab es da noch dieses kleine, junge Orkantief, das in den Modellen auftauchte und wieder verschwand.
Kopfkratzen. Ruhe bewahren.
Alle Möglichkeiten, Raum in die richtige Richtung gutzumachen, werden durchgespielt. Loskommen. Aber das Tief kommt. Mit Macht und Böen von 50 Knoten. Wer Helgoland, die Barren vor Norderney kennt weiß: da möchte man bei solchen Bedingungen nicht sein, das ist gefährlich …
Für den modernen Menschen ist es oft schwer geduldig zu sein. Aber die Crew ist es. Wir machen Spaziergänge zur Kugelbake, setzten uns mit Wetterbericht und natürlich den Gezeiten auseinander. Die haben hier ja ein wichtiges Wörtchen mitzureden.
Am Ende ist es soweit; Wetter beruhigt sich. Mit der Nachmittagstide laufen wir aus, bei Sonnenschein und abnehmendem Westwind.
Auf der Kreuz in der Außenelbe, der Wind wird leicht, Dünung von vorn. Die Maschine muss helfen, so wird es für die nächsten Meilen bleiben.
In der Nacht geht es bei leichtem Wind noch gut voran, Pausen sind momentan nicht geplant. Dann, irgendwo in der südwestlichen Nordsee, schläft der Wind völlig ein. Wir haben uns für den Weg im Westen der VTGs entschieden, dichter unter Land hätte auch die Tide und der extreme Großschifffahrtsverkehr ein Vorankommen erschwert.
Ich kann mich nicht erinnern, die Dover Straits schon mal so ruhig erlebt zu haben. Keine Dünung, kein Rippel auf dem Wasser.
Dann über Calais und der französischen Küste bei Nacht schwere Gewitter. Wir bekommen nur einige kräftige Schauer mit umlaufenden Böen ab.
Ein guter Teil der Meilen liegt im Kielwasser.
Eastbourne, das alte Seebad nördlich der Landzunge „Beachy Head“ soll unser erstes Ziel in England werden. Brexit sorgt für mehr administrativen Aufwand; Reisedaten müssen per „Travelde report“ an die britische Borderpolice übermittelt werden. Am frühen Abend laufen wir in die volle Schleuse zur Eastbourne Marina ein und freuen uns auf ein Abendessen und eine ruhige Nacht.
Am nächsten Morgen geht es weiter. Die Sonne scheint, die Tide passt. Bei perfektem Licht und leichtem, aber stetem Südwind passieren wir die Kreidefelsen von Beachy Head, Seven Sisters und die grünen Hügel der südenglischen Küste. Wer braucht die Karibik? Wer diese Gegend nicht kennt, verpasst ein traumhaftes Revier.
Der Wind frischt auf, die Tide schiebt, endlich ein perfekter Schlag, so stellt man sich Seesegeln vor. Wir laufen in den Solent ein, die Haslar Marina in Gosport ist unser Ziel.
Ein Abend bei fish and chips und einem pint ale… der einzige britische Flugzeugträger legt extra für uns ab und verlässt den Hafen zu neuen Abenteuern!
Der nächste Tag bringt einen Blick in die dockyards in Portsmouth, die „Victory“. Nelsons Flaggschiff und das gesamte Museum drumherum beeindrucken immer wieder.
Der letzte Schlag nach Cowes, der Wind frischt nochmal kräftig auf auf bis zu 30 Knoten aus West. Gut, dass wir im Solent sind, aber auch hier ist es kabbelig genug!
Die East Cowes Marina erwartet uns, es ist nun eine Weile her, dass Dantés zum letzten Mal hier war, Corona sei Dank..
Im „Lifeboat“ geht dieser Kompetenztörn zu Ende, wir haben viel erlebt!